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Vortragsveranstaltung der ZivilCourage FFB zur Agrarreform

Die EU-Agrarreform – hilft sie den Bauern,
Verbrauchern und der Natur?

Vortragsveranstaltung der ZivilCourage Fürstenfeldbruck mit Lutz Ribbe am 20.03.2012 beim „Dorfwirt“ in Landsberied

„Ein Politikwechsel hin zu einer sozialen und ökologischen Neuorientierung in der Landwirtschaft ist notwendig.

Die EU-Agrarreform ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung.“ Dies waren die Kernaussagen im Vortrag über die Reform der gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) von Lutz Ribbe, Mitglied des Wirtschafts- und Sozialausschusses der EU (EWSA), Direktor der Umweltpolitischen Abteilung der Stiftung Europäisches Naturerbe (euroNATUR) und Leiter der 2010 neu gegründeten „Kommission Landwirtschaft am Umweltbundesamt“ (KLU).
 

Zunächst warf der Referent die Frage auf, was aus der Sicht von Natur- und Umweltschutz in unserer Landwirtschaft falsch läuft.
Er berichtete, die EU-Mitgliedsstaaten hätten bereits 2001 beschlossen, den Verlust an biologischer Vielfalt bis zum Jahr 2010 zu stoppen. Dieses Ziel wurde aber eindeutig verfehlt. Zum Thema Klimaschutz und Treibhausgasemissionen in der deutschen Landwirtschaft stellte Ribbe fest, dass sich diese auf 16 Prozent der gesamten Emissionen beliefen. Wobei zu beachten sei, daß einerseits die Kuh als Sündenbock mißbraucht würde, während andererseits die Auswirkungen der Landnutzung meist unbeachtet blieben. Bei der Zielsetzung „minus 80 Prozent bis 2050“ müsse künftig auch die Landwirtschaft ihren Beitrag leisten.
Die Folgen der bisherigen gemeinsamen Agrarpolitik seien neben der Natur- und Umweltproblematik ein massiver Verlust an Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft und im ländlichen Raum sowie eine zunehmende industrielle Tierhaltung.

Im zweiten Teil befasste sich Ribbe mit notwendigen Änderungen bei der gemeinsamen Agrarpolitik.
Er erinnerte in diesem Zusammenhang an den früheren EU-Agrarkommissar MacSharry, der bereits im Jahr 1992 festgestellt habe, dass mit Milliarden an Geldern Bauernexistenzen und Umwelt vernichtet würden. Dessen Forderung war es, neue Ziele zu formulieren und zwar Bauern zum Weiterwirtschaften zu motivieren, Umwelt zu erhalten und ländliche Räume zu entwickeln. Für die Zukunft unserer Landwirtschaft, so der Referent weiter, stünden zwei Entwicklungsvarianten zur Verfügung: Beim industriell geprägten „Farming“ werde der Bauer nur als Lieferant möglichst billiger Rohstoffe gesehen. Aus den Ressourcen Arbeitskraft, Boden, Pflanzen und Tiere müsse dabei das Maximum erwirtschaftet werden. Natur- und Umweltschutz blieben als reiner Kostenfaktor auf der Strecke. Das Gegenmodell, das Ribbe eindeutig favorisierte, sei eine multifunktionale bäuerliche Landwirtschaft, eine Landwirtschaft, die die Anforderungen des Natur- und Landschaftsschutzes integriere, die regionalen Gesichtspunkten genüge, die eigene Qualitätsansprüche formuliere, Tierschutzaspekte berücksichtige etc. Eine solche Landwirtschaft sei selbstverständlich nicht zu Weltmarktpreisen zu haben.

Im dritten und letzten Teil seiner Ausführungen widmete sich der Referent den voraussichtlichen Änderungen in der EU-Agrarpolitik.
Die derzeit diskutierte Kommissionsmitteilung fordere, dass es keine historischen Begründungen mehr geben dürfe, dass die Direktzahlungen gerechter und grüner werden müssten („Greening“), dass Wettbewerbsnachteile nachhaltig wirtschaftender Betriebe auszugleichen seien und dass die Direktzahlungen klar definierte Aufgaben honorieren müssten. Eine größere Gerechtigkeit bei der Verteilung der Gelder sei deshalb dringend geboten, da derzeit EU-weit etwa ein Fünftel aller Betriebe 70 Prozent der Zahlungen bekäme. Der EU-Agrarhaushalt sei seiner Ansicht nach künftig nur noch mit einer Umweltbegründung haltbar, denn der Transfer von Steuergeldern an die Landwirtschaft müsse mit einer Gegenleistung verbunden sein. Wenn diese Agrargelder dann dazu dienen würden, konkrete, nachvollziehbare, von der Gesellschaft seit Jahren von der Landwirtschaft geforderte Leistungen im Bereich des Umwelt-, Tier- oder Verbraucherschutzes abzugelten, die über das gesetzlich geregelte Mindestmaß hinausgingen, so Ribbe weiter, dann seien es auch keine Subventionen mehr. Die Landwirtschaft wäre endlich aus der Subventionsfalle befreit. Sollte ein Landwirt diese Bedingungen nicht erfüllen wollen, könne er jederzeit auf die Zahlungen verzichten.

Foto: Dank an den Referenten Lutz Ribbe (in der Bildmitte). Flankiert von Aktiven der ZivilCourage FFB, links Hans Märkl und rechts Gudrun Hanuschke-Ende.

Gudrun Hanuschke-Ende (04/2012)